
Camunda 8.8 bringt einen deutlichen technologisch-strategischen Wandel: Die Architektur der Plattform wurde konsolidiert, API- und Integrationsschichten vereinheitlicht, und erstmals eine produktionsreife Einbindung von KI-Agenten ermöglicht.
Orchestration Cluster: Integriertes Kernsystem
Mit Camunda 8.8 werden Zeebe, Operate, Tasklist und Identity nicht mehr separat betrieben, sondern als integriertes Orchestration Cluster ausgeliefert. Deployments werden dadurch übersichtlicher, Verwaltung und Monitoring zentralisiert. Für den Betrieb bedeutet das weniger Schnittstellen und Komponenten, aber die Notwendigkeit, bestehende Betriebsprozesse bei einem Upgrade an die neue Struktur anzupassen.
Zentrale Orchestration Cluster REST API
Ein zentrales Element der neuen Version ist die Orchestration Cluster REST API. Diese Schnittstelle fasst wesentliche API-Funktionen der vorher getrennten Komponenten (Operate, Tasklist, Teile von Zeebe) und Identity in einem konsistenten Endpunkt zusammen – mit klarer, stabiler Versionierung und ressourcenorientierter Struktur.
Funktionen: Die API deckt das komplette Lifecycle- und Aufgabenmanagement für Prozesse, User Tasks, Variablen, Entscheidungen und Forms ab. Auch das Incident-Management und fortgeschrittenes Querying sind Bestandteil.
Authentifizierung: Je nach Einsatzszenario reicht das Spektrum von einfacher Basic-Auth bis hin zu OIDC-Token (z. B. für Enterprise-Setups mit X.509).
Abwärtskompatibilität: Komponentenspezifische APIs (Operate, Tasklist REST API, Zeebe REST API) bleiben in 8.8 noch erhalten, werden aber ab v8.10 entfernt. Eigene Integrationen müssen daher mittelfristig auf die neue REST API umgestellt werden.
gRPC-Unterstützung: Die Zeebe gRPC-API bleibt vollständig erhalten und wird weiterhin für high throughput Szenarien bestehen bleiben.
Technische Unterstützung: Offizielle SDKs für Java und Spring sowie Tools wie Postman und OpenAPI Spec werden voll unterstützt. Die Authentifizierung ist für alle SDK-Kunden out-of-the-box integriert.
Durch diese zentrale API wird die Entwicklungs- und Integrationsarbeit konsistenter und transparenter und die Rechteverwaltung vereinheitlicht. Das reduziert den Schatten-IT-Anteil, die Notwendigkeit, auf interne oder private APIs auszuweichen, und vereinfacht die Änderungsverfolgung.
Identity Management: Flexibler und unabhängig
Das Identity Management ist einheitlich im Cluster verankert. Alle OIDC-fähigen Lösungen (z. B. Keycloak, EntraID, Okta) sind möglich; Gruppen, Rollen und Nutzer werden direkt über das Cluster verwaltet. Die Integration externer Identity Provider bleibt flexibel, aber ohne die bisherigen Zwangskopplungen. Die Migration bestehender User- und Gruppenstrukturen ist wichtig, insbesondere da die Zuteilung von Berechtigungen nun clusterweit greift und nicht mehr an einzelne Komponenten gebunden ist.
Agentic Orchestration und Ad-hoc Subprozesse
Mit der Version 8.8 werden KI-Agenten erstmals nahtlos in BPMN-Workflows integriert. Über den neuen AI Agent Connector und Ad-hoc Subprozesse ist es möglich, dynamische Prozessbausteine zu formulieren, deren Ausführung und Ablauf ein KI-Agent eigenständig und kontextabhängig steuert. Unterstützt werden unter anderem:
Flexible Tool-Integration (z. B. LLM, externe Services)
Kontextmanagement via Vektor-Datenbanken
Delegation und Eskalation an Benutzer oder weitere Agenten
Typische Use Cases sind etwa die automatisierte Datenbeschaffung, adaptive Entscheidungen basierend auf Workload/Kontext, oder die flexible Bearbeitung von User Tasks durch KI-Logik.
Unified Exporter, dynamische Skalierung, technische Plattform
Die neue Unified Exporter Architecture zentralisiert Datenexport, Logging und Monitoring für alle Kernmodule. Clustermanagement wird durch dynamisches Partition-Scaling flexibler; Cluster können im laufenden Betrieb erweitert werden. Das reduziert technische Schulden durch komplexe Datenflüsse und unterstützt eine nahtlose Skalierung bei wachsendem Prozessvolumen.
Entwicklung: Camunda Java Client API und Spring Boot Starter
Im Rahmen der API-Modernisierung wird der bisherige Zeebe Java Client durch den Camunda Java Client abgelöst, der die Integration der Orchestration Cluster REST API in Anwendungen wesentlich vereinfacht. Die neue Spring Boot Starter-Bibliothek ersetzt den früheren Spring Zeebe SDK und nutzt die neue API-Infrastruktur.
Beide Tools bieten fortschrittliches Exception-Handling, moderne Authentifizierungsoptionen und eine flache Lernkurve bei Integration in neue oder bestehende Projekte.
Entwickler:innen, die noch den Zeebe Java Client nutzen, sollten Migrationen bis spätestens 8.10 einplanen, da ältere APIs ab diesem Release entfernt werden.
Übersicht: Die wichtigsten Neuerungen in Camunda 8.8

Fazit
Camunda 8.8 standardisiert das Deployment, integriert KI-Logik produktionsreif und stellt ein einheitliches Schnittstellen- und Entwicklungsmodell bereit. Für Unternehmen, die skalierbare Prozessplattformen und moderne Integrationswege suchen, ist der Umstieg technisch sinnvoll, sollte aber aufgrund der Systemumstellungen und API-Migrationen gut vorbereitet werden.
Sie möchten Camunda 8.8 kennenlernen?
Ausführliche Installations- und Einstiegshinweise finden Sie unter Install Camunda 8 – Camunda Developers Portal .
Gerne stehen wir Ihnen für einen fachlichen Austausch sowie bei Fragen rund um den Einstieg oder zur Migration von Camunda 7 auf Camunda 8 zur Verfügung.
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Aus 7 mach 8: Prozessmigration von Camunda 7 auf Camunda 8 - Teil 1